Kölner Klaviertrio – Presse - Brasilien 2006
URL: http://www.koelner-klaviertrio.de/de/pres_brasil06.php


Kopfleiste
Brasilien-Tournee 2006

Brasilien-Tournee 2006

Martius-Staden-Institut:

Das Kölner Klaviertrio mit Beethoven und Schostakowitsch

Das Kölner Klaviertrio im Colégio Visconde de Porto Seguro

Kölner Klaviertrio

Kölner Klaviertrio

Kölner Klaviertrio

Kölner Klaviertrio

Kölner Klaviertrio

Kölner Klaviertrio

Bei aller technischen, akustischen und musikalischen Perfektion in unserer CD-Welt, die uns so selbstverständlich ist – eigentlich wissen wir kaum noch, was Musik ist: ein vielseitiges und ganzes Erlebnis, zu dem Räumlichkeiten und Menschen so gut gehören wie die Töne. Aber nur diese, die Töne, werden und von den elektronischen Medien serviert. Und selbst dabei hapert es oft genug.

Wer aber zu Füßen des Kölner Klaviertrios sitzt, bekommt keinen undifferenzierten CD-Brei geboten, nein, er fühlt, sieht und hört, welche Töne von welchem Instrument und welchem Musiker kommen: von Walter Schreiber und seiner Geige, von Joanna Sachryn mit dem Cello, von Günter Ludwig auf dem Klavier.

Und er sieht, daß da keine Automatik abläuft, daß in der Tat Menschen dort am Werke sind, aufeinander eingehen, sich mit Blicken und Bewegungen verständigen und auch selber bewegt sind von dem, was Kopf und Herz und Hände aus Notenblatt und Instrumenten hervorzubringen vermögen. Man denke etwa an die Herrlichkeit des endlosen Adagios von Beethovens opus 97 oder die hinreißende Dramatik des Schlußsatzes im Trio von Schostakowitsch. All das, noch einmal, beileibe nicht nur ein Ohrenschmaus, die Augen nehmen mit Freude den Dialog der Musikanten wahr, die Lebhaftigkeit vor allem der Cellistin, das kommentierende Mienenspiel der zu Führung berufenen Violine, bei der auch die seltenen Patzer mit einem verständnisvollen Lächeln quittiert werden.

Insgesamt: Das Trio, bestens aufeinander abgestimmt, lieferte Qualität von hohem Rang, was bei Musik von virtuosem Zuschnitt, wie das Programm sie bot, nicht selbstverständlich ist:

Beethovens Erzherzogstrio, B-Dur, opus 97, und Schostakowitschs Klaviertrio Nr. 2 in e-Moll, opus 67 sind Musik von höchsten Anspruch.

Beethovens Werk ist 1811 entstanden und 1814 erstmals aufgeführt worden mit dem Komponisten am Klavier – Beethovens letzter öffentlicher Auftritt als Pianist. Mit einer Aufführungsdauer von rund 40 Minuten beginnt Kammermusik hier neue Wege einzuschlagen. Der langsame Satz allein sprengt mit 14 bis 16 Minuten alle gewohnten Grenzen. Er ist Kern und Höhepunkt des Trios, ein Variationensatz von bezwingender Schönheit, von dem Adorno sagt: „Die Zeit – als nicht mehr gemeisterte, sondern dargestellte – wird zur Trösterin über das Leid, das der Ausdruck darstellt.“

Der zweite Teil des Konzerts brachte Musik, die gut 130 Jahre jünger ist.

Dmitri Schostakowitsch (1906–1975), zusammen mit Prokofiev Komponist von Weltruhm aus dem damaligen Sowjetimperium: Sein Klaviertrio Nr. 2 ist 1944 entstanden, kurz vor dem Ende des Krieges also. Die Uraufführung fand am 14. November statt in dem aus der deutschen Umklammerung befreiten Leningrad. Es ist trotzdem kein kriegerisch-politisches oder parteikonformes Werk.

Schostakowitsch wie Prokofiev hatten ihr Künstlerleben unter dem Druck eines totalitären Regimes zu führen. Im Zuge der blutigen stalinistischen „Säuberungen“ war auch Schostakowitsch in die Schußlinie der Doktrinäre geraten. „Chaos statt Musik“ hatte ein Artikel über ihn im Januar 1936 in der „Prawda“ geheißen – und das war in der Praxis jener Jahre so gut wie ein parteiamtliches Todesurteil. Es ist an ihm nicht vollstreckt worden, man weiß nicht recht, wer oder was ihn davor bewahrt hat. In den folgenden Jahren bis zu Stalins Tod (1953) ist manches von seinen Werken die Erfüllung eines ideologischen „Soll“ gewesen, man hört es ihnen deutlich an.

Nicht so das Klaviertrio opus 67. Es ist eine Trauermusik anläßlich des Todes eines nahen Freundes. In der Tat durchmißt sie den ganzen Kosmos menschlichen Lebens. Wobei Trauer und Tod im Vordergrund stehen und gleich zu Beginn in einem bewegenden Lamento den Ton angeben – der dann auch wieder im Largo des 3. Satzes dominiert, einem Wechselgesang vor allem der Geige und des Cellos mit stützenden Klavierakkorden. Der 2. und 4. Satz dagegen lassen deutlich werden, daß Trauer und Tod eingebettet bleiben in die Dramatik und wohl auch Ausgelassenheit des Lebens: Leningrad hatte 900 Tage des Grauens und des Sterbens hinter sich – die Befreieung von Belagerung und Hungersnot lassen neue Gefühle und andere Töne wach werden.

Das Kölner Klaviertrio vermochte all dies bei seinen Konzerten am 25. und 27. April in Vollendung zum Ausdruck bringen. Das Publikum dankte ihm mit herzlichem Beifall.

Joachim Tiemann in der Brasil-Post (São Paulo) vom 5.5.2006

Technik im Dienst des feinsten Ausdrucks

Das Kölner Klaviertrio in der Residenz des Generalkonsuls

Kölner Klaviertrio

Kölner Klaviertrio

Kölner Klaviertrio

Unter diesem Motto konnte man das „Kölner Klaviertrio“ bei einem Konzert in der Residenz des deutschen Generalkonsuls Dr. Hubertus von der Morr und seiner Frau Gemahlin erleben. In einem sehr persönlich gestalteten Ambiente wurde den Geladenen ein Klaviertrio von allerhöchstem Niveau vorgestellt.

Das dem Erzherzog Rudolph gewidmete Trio B-Dur op. 97 ist Beethovens letzte Auseinandersetzung mit dieser Gattung und bezeichnet den Höhepunkt der Klaviertrio-Literatur. Es ist des Komponisten Errungenschaft, für diese Form die Gleichberechtigung der drei Instrumente am musikalische-strukturellen Geschehen verwirklicht zu haben:

Eine Leistung, die um so höher zu veranschlagen ist, als die klangliche Verbindung von 2 Saiteninstrumenten mit Klavier ein grundsätzliches Problem darstellt, was auch andere Komponisten beschäftigt hat, man denke da nur an Brahms.

Gleich im 1. Satz wurde dem hervorragenden Pianisten Günter Ludwig die Gelegenheit gegeben, sein so selbstverständlich lockeres Handgelenk zu zeigen. Er ist ein Könner der alten Schule, und man denkt bei ihm unwillkürlich an Pianisten wie Wilhelm Backhaus, Walter Gieseking oder Rudolf Serkin. Davon ausgehend, daß jedes Instrument eine abgeschlossene Identität bildet, vermeint man jede Stimme einzeln zu hören, und doch ist der Gleichklang im Zusammenspiel da, im fein verästelten Ausdruck. Höhepunkt des Werkes ist das Andante Cantabile in D-Dur, das seine innige, liedhafte Weise in freie Variation abwandelt.

Im kecken, tänzerisch tändelnden Hauptthema des Finales, in einem von Trillern überglänzten Presto endet der Satz in musikantischer Lockerheit.

Das Trio Nr. 1 in H-Dur op. 8 komponierte Brahms innerhalb von 3 Wochen unter dem Eindruck der so wichtigen Begegnung mit dem Ehepaar Schumann. Als das Werk im Simrockverlag verlegt werden sollte, nahm der Komponist diesen Umstand zum Anlaß, das Trio von Grund auf zu verändern. Er meinte dazu: „… dem Wildling zwar keine Perücke aufzusetzen, ihm aber ein wenig die Haare zu kämmen und zu ordnen.“ Das war seine erklärte Absicht.

Von diesem Ergebnis ist man fasziniert.

Walter Schreiber, Schüler des großen Geigers David Oistrach, bestach durch seine Präzision und seinen Führungsstil. Die polnische Cellistin Joanna Sachryn, unter anderem Schülerin von Mstislav Rostropovitch, faszinierte mit ihrem sauberen und sicheren Bogenstrich, den sie im 3. Satz in einer elegischen Cello-Kantilene klar zu Ausdruck brachte. Das Finale endet nicht in strahlender Offenheit, wie meist üblich, sondern im düsteren h-Moll präsentiert sich eine tiefernste Sphäre trotz des lebhaften Dreiertaktes. Hier erahnt man den oft so strengen, tiefen, religiösen und von verhaltenem Feuer geprägten Brahms.

Der Abend mit diesen 3 Künstlern war gezeichnet von einer Tugend: sie musizierten kammermusikalische atmend. Sie können viel, aber sie drängen nicht auf eine fabelhaft wirkende virtuose Perfektion, gegen die sich im einzelnen wenig sagen läßt – deren Brillanz aber, im ganzen, die Kammermusik oft luftlos und lustlos macht.

Es musizierten Künstler, die sich verstehen, die ihr hart erarbeitetes Können miteinander zu einer Einheit werden läßt, mit dem einzigen Ziel, der Komposition gerecht zu werden.

Beeindruckt erbaten sich die Gäste eine Zugabe, die, wie der Pianist so unmißverständlich sagte: „… erwarten Sie aber kein Bonbon …“ doch ein Bonbon war. Zwar modern verpackt und mit zeitgenössischem Esprit und einem vor allem rhythmisch und klangfarblich geprägten Satz aus Trio op. 50 des polnischen in Köln lebenden Komponisten Krzysztof Meyer.

Joanna Sachryn und Walter Schreiber zusammen mit dem brasilianischen Starpianisten João Carlos Martins (li.)

Joao Carlos Martins, Joanna Sachryn und Walter Schreiber

Atemberaubende Technik aller Instrumente, völlig neue Klangfarben und faszinierende Rhythmen. Spannung mit viel musikalischem Effekt. Hier vergaßen die Zuhörer sogar das „Husten“, sie lauerten wie gebannt und atemlos. Darauf konnte nur die erlösende Ovation folgen …

Am reichlich gedeckten Buffet zeigte der Club Transatlantico sein Können in kulinarischer Inspiration.

Dieser unvergeßliche Abend endete für jeden mit dem, was er sein sollte:

Begegnung mit einer anderen Welt der Harmonie, des Abhebens, des Besonderen, dem Nicht-Alltäglichen.

Ursula Hellner in der Brasil-Post (São Paulo) vom 12.5.2006


» Impressum