Kölner Klaviertrio – Presse
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Pressestimmen

Ensemble, Magazin für Kammermusik April/Mai 2007, S. 42–44

Emotionale Nähe und reiche Erfahrung
Ein Kammermusikseminar mit dem Kölner Klaviertrio

Robert Nemecek

Das seit mehr als 20 Jahren bestehende Kölner Klaviertrio (Walter Schreiber, Vl, Johanna Sachryn, Vc, Günter Ludwig, Kl) genießt nicht nur wegen seiner hochkarätigen Darbietungen der Trio-Literatur von der Klassik bis zur Gegenwart einen ausgezeichneten Ruf, sondern ebenso wegen seines musik-pädagogischen Engagements. Regelmäßig veranstaltet das Trio an verschiedenen Orten Kammermusik-Seminare, die bei den Teilnehmern stets großen Anklang gefunden haben. Als das Kölner Klaviertrio vom 2. bis zum 7. Januar ein Kammermusik-Seminar an der Landesmusikakademie NRW gab, war Ensemble dabei, um den Pädagogen bei ihrer Arbeit über die Schulter zu schauen.

Der Ortsname Heek-Nienborg wird vielen zwar nichts sagen, für Musik interessierte und Musiktreibende hat er dagegen einen ausgesprochen guten Klang. Die kleine Gemeinde zwischen den Städten Ahaus und Gronau (im westlichen Münsterland) beherbergt nämlich die Landesmusikakademie Nordrhein-Westfalen, die seit ihrer Eröffnung im Jahre 1989 als landeszentrale Einrichtung für die musikalische Aus-, Fort- und Weiterbildung dient. Aufgrund ihrer üppigen Ausstattung – ein großer Konzertsaal, ein Rhythmiksaal, neun Seminarräume, eine Musikbibliothek, ein Tonstudio, 24 Klaviere u.v.m. – bietet sie dafür ideale Bedingungen. Ein wichtiger Aspekt ist, dass die Akademie ebenso für Studenten mit musikalischer Berufsperspektive offen ist wie für Laienmusiker. Beide Gruppen haben die Möglichkeit, von renommierten Pädagogen geleitete Vokal- oder Instrumentalkurse zu besuchen und sich je nach Befähigung zu qualifizieren. Dies war auch genau der Ansatz eines Kammermusik-Seminars des Kölner Klaviertrios, das sich laut Flyer-Text an Musiker wandte, „die an Kammermusik interessiert sind und von der reichen Erfahrung professioneller Kammermusiker und Pädagogen musikalisch profitieren möchten“. Für dieses Mal hatten sich für eine Seminargebühr von 150 Euro insgesamt vier Kammermusikgruppen und drei Solisten angemeldet, die sich davon wertvolle Tipps, Einsichten und fruchtbare Musikkontakte versprachen. Sie wurden nicht enttäuscht.

Das Seminar wurde im historischen „Langen Haus“ abgehalten, welches mit zwei Seminarräumen, zwei Arbeitsräumen für die Dozenten, einem Konferenzraum, einem gemütlichen Kaminzimmer und einem 115 Quadratmeter großen Kammermusiksaal ideale Arbeitsbedingungen bot. Die Seminare erstreckten sich jeweils über den ganzen Tag – mit Mittagspause – bis zum frühen Abend. Sie waren so organisiert, dass die Ensembles mit ihren Stücken von einem Dozenten zum andern wanderten. So konnten Geiger, Cellisten und Pianisten jeweils fachgerecht beraten und instruiert werden. Das Spektrum der Teilnehmer war denkbar groß, nicht nur was die technisch-musikalischen Fähigkeiten anging, sondem auch hinsichtlich des Alters. So befanden sich unter den Teilnehmern auch zwei Pensionäre (Cello und Klavier), die jetzt erst die Zeit fanden, ihrer großen Leidenschaft, der Kammermusik, nachzugehen. Gemeinsam mit einer Geigerin hatten sie Mendelssohns d-Moll-Trio als Vortragsstück vorbereitet – alles andere als ein Werk für Anfänger, aber da musste man eben durch – und Bange machen gilt ja schließlich nicht. Auf einem wesentlich höheren Level bewegte sich ein Klaviertrio, das von einem Chemiker, einem Biologen und einem Arzt gebildet wurde. Unter dem schönen Namen „Trio Saint-Denis“ musizieren sie bereits seit 13 Jahren miteinander und geben gelegentlich auch Konzerte. „Das gemeinsame Musizieren“, so Florian Bien, der Pianist des Trios, biete eben „einen wunderbaren Ausgleich“ zu dem, was man sonst mache. Wenn das Trio Faurés Klaviertrio in d-Moll spielt, dann ist der Abstand zu einem professionellen Ensemble nicht mehr allzu groß, stellenweise verschwindet er sogar ganz. Um diesen kleinen Unterschied so weit wie möglich zu verringern, sind die Musiker ja auch nach Heek-Nienborg gekommen. Den professionellsten Status hatten drei jungen Asiatinnen (Vl, Cl, Kl) von der Musikhochschule Würzburg. Sie waren zum Kammermusik-Seminar gekommen, um mit dem Kölner Klaviertrio das Dumky�Trio von Dvorák „gründlich durchzuarbeiten“. Der Kurs habe ihnen „eine größere emotionale Nähe zur Musik Dvoráks vermittelt“, sagten sie. Überdies hätten sie gelernt, „den Text zu hinterfragen“, Die Teilnahme hatte sich offenbar gelohnt.

Den Dozenten waren die z. T. extremen Leistungsunterschiede natürlich bewusst, und es schien ihnen keine Probleme zu bereiten, sich darauf einzustellen. Das machte sich vor allem bei schwierigen Passagen bemerkbar, wo man bei den Amateuren schon mal ein Auge zudrückte, während bei den Fortgeschrittenen en detail gearbeitet wurde: „Hier bitte einen Bogenwechsel, und dann eine Nuance leiser.“ Erstaunlicherweise herrschte trotz der Niveauunterschiede Gleichberechtigung. Niemand wurde bevorzugt behandelt und niemand benachteiligt. Sehr sympathisch auch, dass die Teilnahme von Amateuren nicht als Hindernis, sondern als Bereicherung empfunden wurde. „Den Amateuren geht’s einfach um die Musik und nicht darum, dass sie einen Preis machen. Das ist doch sehr viel!“, meinte Günter Ludwig, der Pianist des Kölner Klaviertrios. Erläuternd fügte Walter Schreiber, der Geiger, hinzu, bei den Amateuren dominiere eben der Aspekt, „dass man aufeinander zugeht, aufeinander hört und reagiert – musikalisch wie menschlich“. Davon profitierten letztlich auch diejenigen, die das Seminar zwecks Vorbereitung auf ihren Beruf besuchten.

Nach einem gemeinsamen Abendmahl strebte alles noch einmal dem Langen Haus zu, wo die Seminarteilnehmer bei einem internen Vorspiel die Ergebnisse ihrer Arbeit präsentieren sollten. Bedingt durch die Konzertsituation trat der Unterschied zwischen angehenden Profis und Amateuren zuweilen recht krass zutage. Aber auch wenn so mancher Sechzehntellauf in unvorhergesehenen Bahnen verlief und nicht jeder Einsatz zur rechten Zeit kam, so spürten doch alle, dass hier mit großer Ernsthaftigkeit und Leidenschaft Musik gemacht wurde. Und das ist doch wohl die Hauptsache.

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